Mein lieber Schwan
Am vergangenen Donnerstag versuchte eine Schwanenfamilie die A71 in der Nähe von Erfurt zu überqueren. Die Familie bestand aus Vater-Schwan, Mutter-Schwan und vier Küken. Trotz mannigfaltiger Bemühungen und energischem Aktionismus scheint es sich noch nicht bis zu den Schwänen herumgesprochen zu haben, daß dieses traditionelle Familienmodell in Wahrheit toxisch ist, vor allem für Mutter-Schwan. Nun ja, das kommt vielleicht noch.
Nach jetzigem Erkenntnisstand bleibt es unklar, warum diese Familie die Autobahn überhaupt überqueren wollte. Eine mögliche Erklärung lautet, daß Vater-Schwan den am letzten Donnerstag stattfindenden „Herrentag“ mit seinen Kumpels auf der anderen Seite der Autobahn verbringen wollte und das ganze Unternehmen als Familienausflug getarnt hat.
Eine andere Erklärung könnte sein, daß die ganze Familie in die Fänge einer obskuren Schwanensekte geraten ist, deren Guru sie überzeugt hat, den Begriff „Himmelfahrt“ allzu wörtlich zu nehmen.
Wie dem auch sei, jedenfalls wurden die vier rechtzeitig von den Autofahrern bemerkt. Bei den darauf folgenden Bremsmanövern kam es leider zu einer Kollision, bei der eine Autofahrerin leicht verletzt wurde und ein ganz erheblicher Sachschaden entstand. In Folge der Bergungsmaßnahmen bildete sich ein zwei Kilometer langer Stau. Die Schwäne nahmen bei all dem glücklicherweise keinen Schaden. Sie wurden von der Polizei aufgegriffen und in einem nahegelegenen Baggersee ausgesetzt.
Dementsprechend schreibt der Spiegel noch am selben Tag: „Schwein gehabt hat eine sechsköpfige Schwanenfamilie bei der Überquerung einer Autobahn nahe Erfurt.“ Als Leser ist man erleichtert, denn man stelle sich nur für einen Moment das Umgekehrte vor: eine sechsköpfige Schweinefamilie hat nochmal Schwan gehabt.