Das Berlin-Tempo

In Berlin wird Fortschritt großgeschrieben! Mobilitätswende, Energiewende, Inklusion, geschlechtergerechte Sprache und so weiter und so fort – der Berliner Bär steht in fast allen Bereichen der Wirklichkeit mit mindestens zwei Tatzen in einer strahlenden Zukunft!

Sicher, da gibt es ein paar unbedeutende Nebenschauplätze, auf denen das stolze Wappentier schon seit Jahren im Morast steckengeblieben ist, die öffentliche Verwaltung etwa, oder der Wohnungsmarkt, aber wen interessiert das schon?

Mal ganz ehrlich und Hand aufs Hauptstadtherz, was ist wichtiger? Innerhalb einer überschaubaren Zeit einen banalen Termin im Bürgeramt zu bekommen oder ein Stück Bullerbü in der Friedrichstraße? Überhaupt eine Wohnung zu finden oder ein öffentliches Örtchen am Kotti, mit Missoir und Pissoir, so schön wie ein Plumpsklo im Brandenburger Forst, das für die lächerliche Summe von 50.000 Euro nach nur fünf Jahren Planungszeit im Dezember letzten Jahres fertiggestellt wurde?

Zu den Fortschrittsthemen gehört natürlich auch die Barrierefreiheit – und hier geht Berlin ab wie Schrödingers Katze! Welches Tempo in dieser Sache vorgelegt wird, ist am U-Bahnhof Kaiserdamm zu bestaunen, nicht nur von den Berlinerinnen und Berlinern, sondern auch von den vielen, sehr vielen Berlinbesucherinnen und Berlinbesuchern, die am nahegelegenen Zentralen Omnibusbahnhof ankommen.

Bereits im letzten Jahr wurde damit begonnen, an einem der Eingänge zur U-Bahn einen ersten Fahrstuhl einzubauen – und bereits im Frühling oder Sommer 2025 soll er tatsächlich betriebsbereit sein, nach nur etwas mehr als zwei Jahren Bauzeit! Doch damit nicht genug, soll sogar noch ein zweiter Fahrstuhl an einem weiteren Eingang installiert werden – das Planfeststellungsverfahren läuft bereits, kein Witz!

Man kann nur hoffen, daß sich in Berlin nichts ändert, denn sonst kommen diese ehrgeizigen Baupläne am Ende noch durcheinander und alles dauert länger als gedacht.

Die gesamte U-Bahnstrecke, deren Teil die Station Kaiserdamm ist, wurde von der heutigen Station „Deutsche Oper“ bis zur heutigen Station „Theodor-Heuss-Platz“ (2,6 Kilometer lang) übrigens in weniger als zwei Jahren gebaut, von 1906 bis 1908 nämlich. Allerdings wurden dabei offenbar die Fahrstühle vergessen – und daran kann man erkennen, wie rückschrittlich damals alles war.

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